Warum Spielekonsolen von R2R-Gesetzen ausgenommen sind
Recht auf Reparatur

Warum Spielekonsolen von R2R-Gesetzen ausgenommen sind

Überraschung! Deine Konsole wird dein Gesicht nicht Lost Ark-Style schmelzen, wenn du sie öffnest.

Dieser Artikel wurde ursprünglich im November 2023 veröffentlicht und im April 2024 aktualisiert.

Wir haben ziemliche Fortschritte gemacht, was das Recht auf Reparatur angeht. Aber wenn du in den Gesetzen, die in letzter Zeit zum Right to Repair (R2R) verabschiedet wurden, das Kleingedruckte gelesen hast, ist dir bestimmt aufgefallen, dass Videospielkonsolen darin nicht auftauchen: Das kalifornische Gesetz deckt zwar Tablets, Laptops, Kühlschränke und Waschmaschinen ab – aber keine Spielekonsolen. Und auch aus dem Gesetz, das in Oregon verabschiedet wurde, sind sie ausgenommen.

Im New Yorker Gesetz werden zwar „Spiel- und Unterhaltungskonsolen“ erwähnt, aber es gibt ein ziemlich großes Schlupfloch: Die Hersteller von Spielekonsolen sind nicht verpflichtet, Ersatzteile, Werkzeuge oder Dokumentation bereitzustellen, wenn dadurch US-Bundesgesetze verletzt werden. Warum US-Bundesgesetze? Unter dem (bundesweit gültigen) Copyright-Gesetz der USA ist es illegal, die Softwaresperren zu umgehen, die den Austausch eines optischen Laufwerks verhindern. Mehr dazu gleich.

Auch wenn die Gesetze auf der anderen Seite des Atlantiks etwas anders aussehen, ist die Situation in der EU ähnlich. Videospielkonsolen fallen nicht unter die Ökodesign-Richtlinie der EU; stattdessen fallen sie unter eine freiwillige Verpflichtung, unter der DIY-Reparaturen nicht vorgesehen sind. Die Reparatur wichtiger Komponenten wie Speicherplatz und Laufwerk könne in einer “spezialisierten Reparatur-Umgebung” durch “autorisierte Reparatur- oder Refurbishment-Zentren” erfolgen.

Was soll das? Die kurze Antwort ist, dass Spielekonsolen Bauteile enthalten, die miteinander gekoppelt sind, was Raubkopien verhindern soll. Leider werden dadurch aber auch Reparaturen verhindert. Die Hersteller von Videospielkonsolen sind nicht gerade knapp bei Kasse; ihre Lobby hat bisher erfolgreich verhindern können, dass Konsolen unter R2R-Gesetze fallen.

Sehen wir uns ihre Argumente mal näher an. Aber zuerst wollen wir Eines klarstellen: Es sind die Gamer und die Reparaturwerkstätten für Konsolen, die darunter leiden, dass die Reparatur von Spielekonsolen nur eingeschränkt möglich ist. 

Keine guten Zeiten für die Reparatur von Spielekonsolen

Um die Reparatur von Spielekonsolen ist es schlecht bestellt. Wir haben darauf spezialisierte Werkstätten auf der ganzen Welt dazu befragt, die uns berichteten, dass die Einschränkungen durch die Hersteller Reparaturen in vielen Fällen unmöglich machen. Einige der häufigsten Probleme – kaputte optische Laufwerke und kaputte Festplatten – sind nur sehr schwer zu beheben. Nicht, weil es schwierig wäre oder man eine spezielle Ausbildung dafür bräuchte, sondern weil die Hersteller die Reparaturen verhindern. Von den Werkstätten, die wir befragten, sagten 93 % aus, sie hätten Schwierigkeiten, Konsolen mit kaputten optischen Laufwerken zu reparieren. Über die Hälfte der Werkstätten hatte einen ganzen Stapel an Konsolen herumliegen, die nicht mehr repariert werden konnten.

Die Videospiel-Lobby bekämpft das Recht auf Reparatur, wo sie nur kann

Fast alle Gesetzesentwürfe zum Recht auf Reparatur elektronischer Geräte, die wir in verschiedenen US-Bundesstaaten unterstützt haben, enthielten anfangs auch Videospielkonsolen. Aber eine mächtige Lobby hielt stetig dagegen: Die Entertainment Software Association (ESA).

Ziemlich viele Promis unter den ESA-Mitgliedern.

Die ESA vertritt die drei großen Konsolenhersteller Sony, Microsoft und Nintendo, sowie die Herausgeber von Videospielen wie EA, Ubisoft, Activision Blizzard und mehr. Wenn du noch nie von „ESA“ gehört hast, sagt dir vielleicht die Electronic Entertainment Expo (E3) etwas – das früher jährlich stattfindende Event der ESA. Außer um die Veranstaltung dieses Riesen-Events kümmert sich die ESA auch darum, Vertreter in alle Ecken der Vereinigten Staaten zu schicken, um in den gesetzgebenden Organen der US-Bundesstaaten gegen das Recht auf Reparatur vorzugehen – im Namen ebenjener Hersteller.

Was die ESA immer behauptet: Ein Mandat für das Recht auf Reparatur könne eine ernstzunehmende Bedrohung für die Videospiel-Industrie darstellen, egal, wie eng das Gesetz gefasst werde.

Das ist eine ziemlich krasse Aussage. Die Einstellung, dass jegliche Vorgaben zum Recht auf Reparatur inakzeptabel sind, egal, worauf sich das Gesetz genau bezieht – das ist einfach nicht nachvollziehbar. Wollen nicht sowohl Gamer als auch Hersteller, dass die Konsolen möglichst lange funktionieren? Warum hat sich die ESA so auf die Haltung versteift, dass die DIY-Reparatur der Videospiel-Industrie ernsthaften Schaden zufügen würde?

Die ESA sagt dazu, dass sie sich um Raubkopien sorgt, die – so behauptet sie – durch austauschbare Teile und freien Zugang zu Schaltplänen und Werkzeugen einen regelrechten Boom erfahren würden. Außerdem sieht sie die Langlebigkeit der Geräte gefährdet, denn wenn normale Menschen wie du und ich ihre eigenen Geräte öffnen, dann können sie ja nur kaputt gehen, oder? Aber es sind sich längst nicht alle einig, was die Sache mit den Raubkopien angeht. Und es gibt durchaus reparierbare Konsolen, die keine neue Welle an Raubkopien auslösen und auch nicht darunter leiden, wenn ihre Besitzer:innen sie selbst reparieren – das irre erfolgreiche Steam Deck zum Beispiel.

Das europäische Pendant zur ESA, Video Games Europe (VGE), begrüßte 2023 zwar den Entwurf der EU-Kommission zum Recht auf Reparatur – argumentiert aber ganz ähnlich wie die ESA gegen unabhängige Reparaturen. Die VGE betont, dass Autorisierung nötig sei, um die erforderlichen Qualitäts- und Sicherheitsstandards einzuhalten. Außerdem sorgt sie sich um das geistige Eigentum der Videospielkonsolen-Hersteller und der Videospiel-Entwickler

Das Lieblingsargument der ESA, das sie sowohl in ihren Positionspapieren als auch in ihren Aussagen im Gesetzgebungsprozess anbringt, ist folgendes: Es gibt eigentlich gar keinen Bedarf an DIY-Reparatur und an unabhängigen Werkstätten, denn Hersteller bieten bereits „einfache, zuverlässige und kostengünstige Reparatur-Services“. Klingt nett, aber stimmt das auch?

Sind Hersteller-autorisierte Reparaturen einfach?

Das kommt darauf an. Ob es einfacher ist, eine Reparatur selbst durchzuführen, als sie beim Hersteller in Auftrag zu geben, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel davon, welche Reparatur genau nötig ist, wie viel Erfahrung du mit solchen Reparaturen hast, wie viel Zeit und Geduld du hast, wie lange es dauert, das Gerät hin- und herzuschicken und wie viel Geld du investieren kannst.

Ich für meinen Teil würde meine Konsole lieber bei einer lokalen Reparaturwerkstatt auf dem Weg zum Supermarkt abgeben, als erst noch Luftpolsterfolie und eine Kiste zu finden und die Versandmarke auszudrucken.

Manche von euch finden es vielleicht am einfachsten, die Reparatur schon vorab zu bezahlen, die Konsole einzupacken und zu verschicken, ein paar Wochen lang aufs Gamen zu verzichten und den „sicheren Ablageort“ vor Paketdieben zu schützen, während ihr auf eure Konsole wartet. Andere geben ihre Konsole lieber im Reparatur-Laden um die Ecke ab. Wieder anderen ist das ganze Prozedere mit Hinbringen, Abholen, Einpacken und Verschicken zu umständlich oder zu teuer, oder sie wollen einfach nicht, dass jemand anderes an ihren Geräten herumfuhrwerkt. Solche Leute würden sich lieber ein Ersatzteil bestellen, einen Schraubendreher schnappen und das Gerät selbst öffnen. Jedem das Seine.

Um es kurz zu machen: „einfach“ kann unterschiedliche Dinge bedeuten, je nachdem, mit wem du sprichst. Und wenn es für DIY-Schrauber keinen Markt gäbe, würde es iFixit gar nicht geben. Wir finden es gar nicht so wichtig, dass die Hersteller es uns „einfach“ machen wollen. Was uns viel wichtiger ist: Selbst entscheiden zu können.

Professionelle Reparaturen leichter zugänglich machen

Für viele Menschen, die sich noch nicht selbst an die Elektronik-Reparatur wagen, sind lokale Reparaturläden die erste Anlaufstelle. Oft ist es einfacher, sich persönlich mit einem Reparatur-Profi zu unterhalten: Man kann Fragen stellen, sich das Prozedere erklären lassen, bekommt einen Kostenvoranschlag und Informationen dazu, wie lange die Reparatur in etwa dauern wird. Außerdem hat man die Gewissheit, dass das Gerät in der Nähe ist und man es sich vielleicht noch anders überlegen kann. Wir sind der Ansicht – und die Federal Trade Commission der USA stimmt uns zu – dass unabhängige Reparaturwerkstätten genauso gut arbeiten wie die Läden, die von den Herstellern speziell autorisiert sind. Wenn die Konsolenhersteller das nicht so sehen, laden wir sie ein, ihre eigenen lokalen Reparaturläden einzurichten – je mehr Optionen man hat, desto besser.

Microsoft beispielsweise hatte mal solche Läden, wo man hingehen konnte, um seine Konsole abzugeben. In den USA gab es insgesamt 80 solcher Anlaufstellen, verteilt auf 35 Bundesstaaten. Allerdings sind sie alle verschwunden, weil Microsoft Reparaturen inzwischen nur noch per Post oder über Kooperationen mit Best Buy annimmt, wobei Best Buy aktuell nur in 20 US-Bundesstaaten verfügbar ist. Die meisten Konsolenhersteller bieten gar keine Möglichkeit dafür an, eine Konsole selbst zu einem Reparaturanbieter zu bringen.

Man hat also keine große Auswahl an Reparaturmöglichkeiten für Spielekonsolen, und da fragt man sich dann schon, ob den Herstellern die Zufriedenheit ihrer Kund:innen wirklich wichtig ist. Wenn sie wollen, dass man die Konsole nur von ihren eigenen Werkstätten durchführen lässt, dann sollten sie dafür sorgen, dass diese Werkstätten auch gut erreichbar sind.

Um fair zu sein: Microsoft macht Reparaturen inzwischen leichter, indem es für manche Geräte Ersatzteile zugänglich macht und sein Netzwerk autorisierter Service-Anbieter ausbaut. Allerdings werden (noch) keine Ersatzteile für Spielekonsolen angeboten und der Ausbau des Service-Anbieter-Netzwerks bedeutet wahrscheinlich nicht, dass es mehr Werkstätten geben wird.

Autorisierte Service-Anbieter sind fast immer Reparaturwerkstätten, die es schon gibt und die dann autorisiert werden, bestimmte Reparaturen durchführen und Ersatzteile direkt vom Hersteller beziehen zu können. Wenn es „neue autorisierte Werkstätten“ gibt, ändert das also nichts an der Anzahl an Reparaturwerkstätten insgesamt. Im Gegenteil – in der Vergangenheit hat das System mit autorisierten Werkstätten dazu geführt, dass es insgesamt weniger Werkstätten gab.

„Wir haben über 30.000 Geräte repariert. Autorisierte Reparatur-Anbieter hätten weniger als 5 % davon als reparierbar eingestuft.“

Jessa Jones, Reparatur-Promi und Gründerin von iPad Rehab.

Als Apple ein Netzwerk unabhängiger Reparaturwerkstätten bildete, stellte es dabei so strikte Anforderungen an die Werkstätten, dass diese letztlich nur wenige Reparaturen durchführen durften. Wenn sich die Konsolenhersteller daran orientieren, könnten sie ihre Netzwerke autorisierter Werkstätten auf eine Art und Weise „ausbauen“, die den Werkstätten gleichzeitig viele Reparaturen unmöglich macht. So geht Kontrolle.

Sind Hersteller-autorisierte Reparaturen zuverlässig?

Wir kennen uns aus, wenn es um Hersteller und Lobbyisten geht, die versuchen, DIY-Reparaturen zu verhindern. Oft versuchen diese, ihren Widerstand damit zu rechtfertigen, dass solche Reparaturen minderwertig, gefährlich oder nicht verlässlich seien. Diese Behauptungen waren von Anfang an übertrieben. Normale Menschen führen seit Jahren selbst Reparaturen durch, ohne sich dabei zu verletzen oder dabei ihre Geräte zu beschädigen. Die Bedenken der Hersteller in puncto Geräteleistung und Benutzersicherheit sind jetzt noch weniger haltbar, seit Apple sein Self Service Reparatur-Programm ins Leben gerufen hat, seit Microsoft Ersatzteile für Surface-Geräte und sogar für die Xbox verkauft – wenn auch nur für die Controller und nicht die Konsole selbst, also auch keine optischen Laufwerke oder Motherboards.

Sieht zwar schön aus, aber Konsolenteile sind in diesem Katalog nicht dabei. Hoffen wir, dass sich das ändert.

Diese namhaften Hersteller – einer davon Mitglied der ESA – geben endlich ihre Blockadehaltung gegenüber der DIY-Reparatur auf. Wahrscheinlich haben ihre Expertengremien ihnen das bestätigt, was wir immer schon sagen: Wenn man genaue, nachvollziehbare Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur Verfügung stellt und Ersatzteile und Werkzeug zugänglich macht, führt das nicht dazu, dass Leute wild mit Schraubendrehern im Inneren ihrer Geräte herumstochern. (Selbst bei uns im Büro werden nur Akkus mit Absicht durchbohrt.)

So zuverlässig, wie die Hersteller immer behaupten, sind ihre eigenen Reparaturen sowieso nicht. Die meisten Konsolen kann man während des Garantiezeitraums kostenlos zur Reparatur an den Hersteller schicken, was auch nicht wirklich kompliziert ist – sofern alles nach Plan läuft. Ein elektronisches Gerät als Paket zu verschicken ist allerdings durchaus nicht risikofrei. Es kann beim Transport beschädigt werden, verloren gehen oder von Paketdieben gestohlen werden.

Außerdem kann es vorkommen, dass du deine Konsole überhaupt nicht wiederbekommst. Manchmal entscheidet ein Hersteller, dass die Reparatur sich nicht lohnt und schickt dir stattdessen Ersatz zu. „Als in meiner Xbox ein Lüfter kaputtging“, erzählt Derek Stanford, Senator des US-Bundesstaats Washington, „hatte ich nur eine Möglichkeit. Ich musste sie zu Microsoft zurückschicken. Es dauerte mehrere Wochen, es war teuer – und dann bekam ich eine Konsole zurück, die wahrscheinlich nicht die war, die ich eingeschickt hatte.“ Das klingt nicht gerade nach Zuverlässigkeit.

Man sollte nicht mehrere Wochen (oder länger, je nach Auftragsaufkommen) warten müssen, während deine Konsole durch viele verschiedene Hände geht, nur damit ein optisches Laufwerk repariert wird. Man sollte nicht im Dunkeln darüber gelassen werden, ob man seine eigene Konsole zurückbekommt oder einen Ersatz. Man sollte nicht einfach akzeptieren müssen, dass die ursprüngliche Konsole für immer weg ist, wenn eine Reparatur eigentlich sehr gut möglich gewesen wäre – wenn der Hersteller selbst sie nicht verhindert hätte. Man sollte sich für eine Reparaturlösung entscheiden können, die man selbst will.

Hersteller-Reparaturen gibt es nicht für immer

Wenn wir von Verlässlichkeit sprechen, meinen wir damit nicht nur, wo Reparaturen ermöglicht werden oder wer sie durchführt, sondern auch, welche Reparaturen Hersteller überhaupt durchführen. Wir wissen, dass die Vertragsbedingungen autorisierte Werkstätten darin beschränken und dass Hersteller eine Konsole manchmal einfach austauschen anstatt sie zu reparieren. Wenn sie eine Reparatur aber tatsächlich durchführen, wie verlässlich ist sie dann?

Die ESA scheint ziemlich sicher zu sein, dass Hersteller-Reparaturen die beste Option sind, um eine Konsole so lange wie möglich am Laufen zu halten. „Videospielkonsolen werden über Jahre verwendet und werden oft auch noch an die nächste Generation weitergegeben“, heißt es im Policy-Statement der ESA. Dem stimmen wir voll und ganz zu – dem Folgenden aber nicht: „Dass eine Konsole so lange funktionstüchtig bleibt, ist wahrscheinlicher, wenn Reparaturen vom Hersteller selbst durchgeführt werden. Ältere Konsolenmodelle sind immer noch sehr populär und auf Online-Shoppingportalen erhältlich.“ 

Nintendo bietet in seinem Online-Shop immerhin noch Akkus für 3DS-Handhelds an.  

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die ESA die Weitergabe von Konsolen an die nächste Generation betont – während die Hersteller, die von der ESA und der VGE vertreten werden, die Reparatur älterer Geräte stark vernachlässigen. Nach verfügbarer Informationslage sieht es aktuell so aus: Auf seiner Liste von Reparatur-Services in den USA führt Microsoft keine Reparaturen für Xbox One oder One S/X auf, Sony bietet Reparaturen anscheinend nur bis zur PS4 an und Nintendo nur für 3DS- und Switch-Handhelds (wobei man für andere Geräte an andere Anlaufstellen verwiesen wird).

Kein Hersteller kann alle Geräte, die er jemals hergestellt hat, für immer und ewig unterstützen, das ist uns klar. Aber unabhängige Werkstätten führen täglich Reparaturen an alten Konsolen durch (sofern sie Ersatzteile aus Spender-Geräten bekommen können). Angesichts dessen klingt das, was die ESA zur Langlebigkeit von Konsolen sagt, einfach nur hohl.

Die „älteren Konsolenmodelle“, die die ESA erwähnt, sind nur deshalb heute noch populär, funktionstüchtig und wertvoll, weil unabhängige Werkstätten sich mit großem Einsatz um ihren Erhalt bemühen. Diese Arbeit ist nicht leicht, wenn keine Schaltpläne erhältlich sind und sich niemand mit Ersatzteilen vom Hersteller eindecken kann, bevor die Produktion eingestellt wird. Wenn es noch Exemplare der Xbox 360 oder der PS3 gibt, die auch 25 Jahre nach ihrer Markteinführung noch funktionieren – so wie die sorgsam gepflegten Game Boys, die es noch immer gibt –, dann funktionieren sie trotz und nicht wegen der Hersteller, die nach einem viel zu kurzen Zeitraum jegliche Unterstützung für diese Geräte eingestellt haben.

Unterm Strich können wir uns einfach nicht darauf verlassen, dass Hersteller Reparaturen an all ihren Geräten noch so lange durchführen, wie wir das eigentlich bräuchten. Sie haben nicht die nötige Kapazität. Wenn sie neue Produkte auf den Markt bringen, müssen Hersteller den Support für ältere einstellen. Aber gleichzeitig unabhängige Reparatur einzuschränken ist einfach unnötig. Stattdessen sollte die Einstellung von Support-Angeboten mit der Verantwortung dafür einhergehen, den Zugang zu hochwertigen Reparaturen zu erleichtern. Denn sonst werden schöne Vintage-Geräte zu wertlosem Elektroschrott.

Unterm Strich können wir uns einfach nicht darauf verlassen, dass Hersteller Reparaturen an all ihren Geräten noch so lange durchführen, wie wir das eigentlich bräuchten.

Wenn die Konsolenhersteller tatsächlich so an der Langlebigkeit ihrer Geräte interessiert sind, wie sie behaupten, sollten sie DIY-Reparateuren und unabhängigen Werkstätten die Informationen zur Verfügung stellen, die sie brauchen, um die Standards der Hersteller zu erfüllen. Sie sollten Werkstätten dazu ermutigen, Ersatzteile auf Vorrat zu kaufen, bevor die Produktion eingestellt wird. Sie könnten sogar die verfügbaren Ersatzteile von Drittanbietern testen und die besten für die Reparatur derjenigen Konsolen empfehlen, die die Hersteller selbst nicht mehr unterstützen.

Die Gesetze zum Recht auf Reparatur gehen aber nicht einmal so weit. Sie fordern lediglich faire Bedingungen für DIY-Reparatur, unabhängige Werkstätten und Hersteller-Reparaturen. Wenn wir eine bessere Welt wollen, müssen wir irgendwo anfangen. Und eine gute Auswahl an erreichbaren, gut aufgestellten Reparaturmöglichkeiten wäre schon mal ein Anfang. So würde man nämlich tatsächlich dafür sorgen, dass Konsolen noch an die nächste Generation weitergegeben werden können.

Sind Hersteller-Reparaturen günstig?

Das kommt ganz aufs Timing an. Wenn dein Gerät noch von der Hersteller-Garantie abgedeckt ist, werden nötige Reparaturen wahrscheinlich kostenlos durchgeführt – Glück gehabt! Der übliche Garantiezeitraum beträgt allerdings nur ein Jahr, und wenn du ihn verlängern willst, musst du draufzahlen.

Wenn deine Konsole nach Ablauf des Garantiezeitraums kaputt geht, kann dich das teuer zu stehen kommen. Als Beispiel nehmen wir mal die Übersicht von Microsoft, wo aufgeführt wird, wie viel die einzelnen Reparaturen nach Garantie-Ablauf kosten. Spoiler-Warnung: Schmerzhaft teuer. Vielleicht siehst du das anders, aber wir finden 221 € für die Reparatur einer Series S oder 332 € für eine Series X nicht gerade günstig. Diese Summen entsprechen etwa 66 % bzw. 60 % des Neupreises dieser Geräte; viel mehr also als die 18-35 %, die Verbraucher:innen in der Regel auszugeben bereit sind. Solche Preise sind besonders empörend, wenn man in Betracht zieht, dass die frühere Xbox-Generation (die Xbox One) erst nach sieben Jahren von der Xbox Series X/S ersetzt wurde. Wenn man sich also eine Xbox One kurz nach Markteinführung anschaffte, musste man ganze sechs Jahre ohne Garantieabdeckung auskommen.

Reparierbarkeit in Zahlen

Das Argument der ESA gegen Reparatur hört nicht bei „einfach, zuverlässig, günstig“ auf. Sie ist sogar so weit gegangen, die Reparierbarkeits-Bewertungen von iFixit als Argument gegen Reparatur anzuführen! Ein Vertreter hielt 2023 eine Rede vor einem kanadischen Komitee, das einen Verfassungszusatz zur Reparatur diskutierte, und sagte: „Videospielkonsolen bekommen konsistent hohe Bewertungen für ihre Reparierbarkeit auf Websites wie iFixit.“ Kurz gesagt sehen sie die Sache so: Konsolen sind schon so gut reparierbar, warum sollten Reparateure noch mehr Ressourcen von den Herstellern wollen?

Das erstaunt dann doch, vor allem, da wir gerade einige Tausend Wörter darauf verwendet haben, die Behauptungen der ESA – dass Reparatur am besten den Herstellern zu überlassen ist – zu zerpflücken. Also zuerst will die ESA nicht, dass wir unsere eigenen Geräte reparieren, denn es ist ja offensichtlich, dass wir das nicht können. Und dann sagt sie plötzlich, die DIY-Reparatur sei so einfach, dass sie nicht versteht, was man jetzt von ihr will! Traut sie durchschnittlichen DIYern die Reparatur von Spielekonsolen nun zu oder nicht? Machen die Werkzeuge und Reparaturmethoden, die bei Hersteller-Reparaturen verwendet werden, diese Reparaturen nun zuverlässiger oder nicht? Und wenn nicht – warum sollten Reparaturen dann unbedingt nur von den Herstellern durchgeführt werden, und von niemand anderem?

Was unsere Reparierbarkeits-Bewertungen angeht, haben wir früher vielen Konsolen respektable Bewertungen gegeben. In modernen Spielekonsolen lassen sich viele Bauteile leicht austauschen – theoretisch jedenfalls. Denn auch wenn die Reparatur an sich einfach ist, werden einige der häufigsten Reparaturen bei vielen Konsolen durch Software verhindert. Dadurch kann man ein Bauteil zwar austauschen. Die Konsole wird danach aber nicht funktionieren.

Wenn Reparierbarkeit ein Schulfach wäre, hätte die Xbox Series X nach unserem früheren Bewertungsmaßstab höchstens eine Drei bekommen, mit ein paar wichtigen Kommentaren zum Thema Software-Sperre.

Reparierbarkeit in einer einzelnen Note auszudrücken ist nicht einfach. Als wir damit anfingen, Spielekonsolen zu bewerten, hatten wir noch nie gesehen, dass Software-Sperren Reparaturen verhindern können. Nun, da solche Sperren aber immer häufiger werden, haben wir unsere Bewertungskriterien angepasst und bestrafen sie mit einem deutlichen Punktabzug. Denn Software-Sperren können Reparaturen unmöglich machen.

Aber auch mit unserem aktuellen Bewertungsmaßstab können Konsolen trotz eines solchen Punktabzugs noch auf eine anständige Note kommen. Und die Sache wird noch dadurch verkompliziert, dass Software sich mit der Zeit verändert. Wenn wir jedes Update für jede Konsole testen würden, würden wir erstens verrückt werden und zweitens keine Zeit mehr für andere Projekte haben. Keine Formel, mit der wir Reparierbarkeit berechnen, kann jemals perfekt sein. Um das nochmal klarzustellen: Keine iFixit Reparierbarkeits-Bewertung sollte als Empfehlung für Software-Sperren gesehen werden. 

Software-Sperren machen Reparatur zunichte

Worum genau handelt es sich bei diesen Software-Sperren? Konsolen enthalten oft technische Vorkehrungen, die – den Herstellern zufolge – Raubkopien verhindern sollen. Solche technischen Vorkehrungen können ganz unterschiedlich aussehen; ihr Ziel ist immer, zu verhindern, dass auf geschützte Inhalte zugegriffen oder sie kopiert werden. Bei manchen Geräten muss beispielsweise ein Passwort eingegeben werden, um auf einen Streaming Service zugreifen zu können, bei anderen können Inhalte nur für einen bestimmten Zeitraum abgerufen werden oder Inhalte werden verschlüsselt. Bei Videospielkonsolen bedeutet es normalerweise, dass bestimmte Bauteile nicht ausgetauscht werden können.

Dafür werden Mikrocontroller eingesetzt, die in optischen Laufwerken verbaut sind und – so die offizielle Version – verhindern sollen, dass man das Originalteil mit einem manipulierten Bauteil ersetzt, mit dem man illegal kopierte Discs lesen könnte. Und das funktioniert auch ziemlich gut. Allerdings schießt diese Maßnahme über das Ziel hinaus und verhindert nicht nur das Abspielen von Raubkopien, sondern auch eine ganze Reihe von Reparaturen.

Wie genau? Nun, selbst wenn du an ein funktionierendes optisches Laufwerk vom OEM-Hersteller herankommst, um das kaputte Laufwerk in deiner Konsole auszutauschen, kannst du nicht einfach das alte herausnehmen und das neue einbauen. Über den winzigen Mikrocontroller ist das optische Laufwerk mit dem Motherboard gekoppelt, mit dem es ursprünglich zusammen eingebaut wurde. Ein simpler Austausch wird also nicht funktionieren. Du bräuchtest für die Reparatur sowohl ein funktionierendes Laufwerk, als auch das Motherboard, an das es gekoppelt ist – keine leichte Aufgabe, und auch keine günstige.

Kurz gefasst: Wir finden es zwar wunderbar, wie modular diese Konsolen aufgebaut sind, wie wenig Klebstoff darin zu finden ist und wie leicht man sie auseinandernehmen kann, und das spiegelt sich auch in unseren Reparierbarkeits-Bewertungen wider. Allerdings wurden andere Aspekte in unseren Bewertungskriterien lange nicht berücksichtigt, die Reparaturen ebenfalls verhindern können: Wenn man keine Ersatzteile und keine passenden Werkzeuge kaufen kann oder nicht alle Informationen zur Verfügung hat, die man braucht, können Reparaturen scheitern. Die ESA stellt sich dumm, was diese Punkte angeht und positioniert sich damit klar gegen die Interessen der Reparatur-Community – und auch gegen die Interessen der Kund:innen der Hersteller, die Mitglied in der ESA sind. 

Scheinriese Raubkopien

Im Kampf der Medienindustrie gegen Raubkopien hat mal der eine, mal der andere die Nase vorn. Die Videospielindustrie versucht, das illegale Kopieren ihrer Inhalte so schwierig wie möglich zu machen, aber ihre immer ausgefeilteren Methoden führen auch dazu, dass selbst einfache Reparaturen drastisch erschwert werden. Sobald ein Gesetzesvorhaben zum Recht auf Reparatur verhandelt wird, zieht die ESA dann alle Register in den Komitees – und das Argument mit den Raubkopien erweist sich als besonders effektiv.  

All diese Konsolen sollten eigentlich ein Zuhause haben und endlose Gaming-Sessions aushalten müssen.

Programmierer, Herausgeber und Hersteller wollen natürlich alle verhindern, dass ihnen Einnahmen verloren gehen. Aber die Maßnahmen, die die Hersteller gegen Raubkopien ergreifen, machen Reparaturen in sehr vielen Fällen schlicht unmöglich. Letztes Jahr, 2023, haben wir 91 Reparaturwerkstätten auf der ganzen Welt befragt. Über 66 % sagten, dass sie alte Konsolen in ihrer Werkstatt hätten, die sie wegen der gekoppelten Laufwerke nicht reparieren können. Bei einigen lagen sogar über zwanzig dieser nicht reparierbaren Geräte gleichzeitig im Lager.

Da diese Konsolen nicht für alle Zeiten von den Herstellern unterstützt werden, sieht die Zukunft düster aus: Noch mehr nicht reparierbare Konsolen werden sich in Lagerräumen stapeln, ihr einziger Zweck: als Ersatzteillager zu dienen. Für die Bauteile jedenfalls, die nicht gekoppelt sind.

Was die Konsolenhersteller gegen Raubkopien unternehmen hat drastische negative Folgen für die Reparaturbranche. OEM-Hersteller können in gesetzgebenden Institutionen behaupten, dass ihre Maßnahmen notwendig sind, damit Videospiele profitabel bleiben und so der Anreiz besteht, neue zu schaffen. Aber manche Studien zeigen, dass das nicht unbedingt stimmt. Eine von der EU 2015 in Auftrag gegebene Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Raubkopien sich tatsächlich positiv auf den Verkauf von Videospielen auswirken können. Eine Umfrage von PC Gamer fand heraus, dass viele, die ein Spiel illegal kopieren, es später auf legale Weise kaufen. Es ist also nicht ganz so eindeutig wie die Hersteller behaupten.

„Der geschätzte Effekt illegaler Online-Transaktionen auf den Verkauf von Spielen ist positiv – was impliziert, dass illegaler Spielkonsum zu erhöhtem legalem Konsum führt. Diesen positive Effekt illegaler Downloads und Streams auf den Verkauf von Spielen könnte man damit erklären, dass es der Industrie möglicherweise gelingt, illegale Nutzer in zahlende Kund:innen zu konvertieren.“ (Hervorhebung iFixit)

EU-Bericht “Estimating displacement rates of copyrighted content in the EU”

Offengestanden ist uns die Diskussion darüber, ob und wie Raubkopien der Gaming-Industrie schaden, aber eigentlich relativ egal. Unser Fokus liegt auf der Reparierbarkeit, und wir glauben, dass es sowohl möglich als auch nötig ist, Reparatur zu schützen, wenn Hersteller gegen Raubkopien vorgehen. Teilekopplung schränkt Reparaturen drastisch ein, sie sollte also entweder ganz verschwinden oder verändert werden.

Wenn den OEM-Herstellern etwas an ihren Kund:innen und an der Langlebigkeit ihrer Konsolen liegt, dann sollten sie sich nicht darauf ausruhen, dass ihre Teilekopplungs-Methode das unerlaubte Kopieren von Spielen tatsächlich wirkungsvoll verhindert. Eine Lösung, die so viele wichtige Reparaturen unmöglich macht, ist keine gute Lösung. Gibt es denn wirklich keine Alternative? Keine Möglichkeit, ein Software-Tool zu schaffen, mit dem Nutzer:innen ihr neues Laufwerk mit dem Motherboard koppeln können? Kommt schon, das könnt ihr besser!

Reparatur ist die Antwort, nicht der Gegner

Wie alle anderen elektronischen Geräte gehen auch Spielekonsolen irgendwann kaputt. Reparatur ist unumgänglich. Aber auch wenn die ESA und die VGE uns glauben machen wollen, dass die Hersteller und ihre Reparatur-Partner uns vollständig versorgen können, ist das einfach nicht der Fall. Letztlich braucht es – wie bei so vielen anderen Dingen, die Reparatur erschweren – vor allem fairen Wettbewerb und Transparenz. Dadurch werden Reparaturen leichter zugänglich und günstiger. Aber die Spielekonsolen-Hersteller tun lieber so, als wäre alles in bester Ordnung, was Reparaturmöglichkeiten angeht.

Die ESA kann ihr „leicht, zuverlässig, günstig“-Mantra wiederholen, so oft sie nur will, sie kann die Angst vor Raubkopien schüren – aber wenn Konsolen nach Ablauf ihres Garantiezeitraums kaputtgehen, sind die Aussichten schlecht. Viele müssen dann wählen, ob sie lieber eine teure Reparatur bezahlen wollen oder sich gleich eine neue Konsole anschaffen, oder – wenn sie sich beides nicht leisten können – akzeptieren, dass die Konsole und ihre Spiele für immer verlorengehen. Manche werden durch diese Erfahrung desillusioniert, andere werden sich an die Konkurrenz wenden oder selbst eine Lösung suchen. Wenn sie das tun, sind unsere Reparaturanleitungen für sie da – für die Reparaturen, die möglich sind. Und wie Hersteller die restlichen Reparaturen unmöglich machen, erklären wir in Artikeln wie diesem hier.

Ich bin natürlich kein Orakel, aber ich sehe eine Zukunft, in der die OEM-Hersteller aufgrund ihrer Uneinsichtigkeit in Reparaturfragen das Vertrauen ihrer Kund:innen verlieren und die Markentreue, die sie sich so hart erarbeitet haben. Konsolen nehmen einen besonderen Platz in der Videospielkultur ein, aber wenn es weiterhin so teuer und kompliziert ist, sie zu reparieren, wäre es kein Wunder, wenn Gamer sich von ihnen abwenden.

PCs ermöglichen viel mehr Personalisierung, Modularität und Reparatur. Für das Steam Deck gibt es sehr viel Support für die DIY-Reparatur, es ist eine Alternative für Handhelds wie die Switch und kann mit Smart-TVs genauso verbunden werden wie eine traditionelle Konsole. Wenn die nächste Generation in Sicht ist, könnten solche Alternativen verlockend sein, wenn man seine frühere Konsole schon teuer reparieren lassen oder austauschen musste. Und das verstehen wir nur zu gut.

Wenn du die Hersteller dazu bewegen willst, Spielekonsolen reparierbarer zu machen, dann unterstütze Gesetze zum Recht auf Reparatur in deiner Gegend.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.